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Bieten externe Berater einen Mehrwert?

August 2, 2016

Conny Dethloff wurde durch den Tweet: „Ein Manager, der einen Berater frägt was er tun soll, ist keiner.“ von Gerhard Wohland zu einer Blogparade inspiriert.

Ich war mir lange unklar, ob ich dazu was schreiben mag. Nun, ich tue es.

Organisationsberatung ist heute mein Beruf, oder Berufung. Daher bleibt mir natürlich nur die Möglichkeit, den Mehrwert zu sehen. (Manchmal auch die Schattenseiten.)

Früher – als Führungskraft in der Wirtschaft – hätte ich mir hin und wieder Beratung gewünscht. Bei den Fusionen und Change-Projekten um Beispiele zu nennen.

Was hätte ich mir gewünscht? Neue Perspektiven erfahren. Ordnung und Reflexion meiner Gedanken. Prozess-Begleitung bei Projekten oder Experimenten bzw. Feldtests zu neuen Wegen.

Bin allerdings ganz bei Gerhard Wohland: Die Entscheidung und das Risiko trägt der Manager.

D.h. ein Manager, der nach dem fragt, was er tun soll, ist kein Berater. Ein Berater, der darauf inhaltlich antwortet, ist aus meinem Verständnis kein Organisations- bzw.  Prozessberater oder Business Coach.
Er ist dann ein Experte oder Guru, der meist keine Verantwortung für seine Empfehlung oder Meinung übernimmt. Probieren Sie in so einer Situation mal, nach Haftungsansprüchen zu fragen, wenn die Empfehlung nicht hinhaut.

Welchen Mehrwert sollte Beratung bringen? Beratung macht einen Unterschied, der einen Unterschied für den Auftraggeber macht (Gregory Bateson). Dann ist sie wertvoll. Beratung hat die Chance vielleicht auch den Auftrag „blinde Flecken“ ansprechbar zu machen. Beratung hat die Aufgabe neue Perspektiven – allerdings nicht als Patentrezept, sondern mit Chancen und Risiken – einzubringen. (Zielkonflikte und Widersprüche sind und bleiben natürlich Bestandteil jeder Organisation.) Der Auftraggeber entscheidet über den möglichen Mehrwert.

Was ist aktuell hilfreich für die Organisation? Selbstverständlich kann Beratung nie die „ganze Organisation“ und Umwelt in ihrer Komplexität erfassen. Beratung kann und sollte aber Impulse zu „Organisationsformen“, „Führung“ und „Markttrends“ liefern. Finden diese Impulse Resonanz in der Organisation, kann daraus Wandel entstehen.

Wichtig ist mir an dieser Stelle zu betonen, dass Organisationsberatung keine „Patentrezepte“ verkaufen sollte. Manche Unternehmensberatungen und „Gurus“ machen das und werden deshalb gerne genommen. Da sind dann Eindeutigkeit und Klarheit.
Da sollten Auftraggeber vorsichtig werden. Alles hat Aus- und Nebenwirkungen. Auch ungewünschte. Auch die gerade so groß ausgerufene „Augenhöhe“, New Work 4.0 , Soziokratie, Holacracy, oder agilen Arbeitswelten haben ihren Preis. Das sollte allen Beteiligten klar sein. Lernreisen und Experimente bzw. Feldtests können aus meiner Sicht gute erste Schritte für eigene Erfahrungen sein.

„Best Practise“ sind eher vergangenheitsorientiert. Da stellt sich die Frage, ob „nachmachen“ überhaupt Erfolg versprechend ist, um wettbewerbsfähiger zu werden. Schließlich sind andere schon vorne und es geht um Anschluss halten; also eher im Mittelmaß mitmachen. Natürlich stellt sich auch die Frage, ob diese „Best Practise“ mit den eigenen Ressourcen und Talenten überhaupt machbar ist.

Jede Organisation und damit Organisationseinheiten haben ihre eigenen „Filter“, wie der Markt und das interne „Geschehen“ wahrgenommen und interpretiert werden. An diesem Punkt kann Beratung Perspektiven erweitern, Komplexität erhöhen/rausnehmen und reflektieren.
Dazu macht die Maßnahme „Beratung“ an sich, einen Unterschied im Alltag der Organisation. Es ist dann eine Unterbrechung der „Routine“ und bietet die Chance anders hin- und zuzuhören und zu denken.

Reflexionsfragen für Organisationen:
Was ist die eigene Unternehmens-Mission und welchen Nutzen wird Kunden, Geschäftspartnern und Gesellschaft geboten? Wie gut sind wir aktuell darin? Wie können wir das eruieren? Wie zufrieden und erfolgreich arbeiten wir intern zusammen? Was wissen wir über agile Methoden der Zusammenarbeit? Welche Entwicklungen, Chancen und Herausforderungen stehen an? Welche Markttrends gibt es?

Ergeben sich daraus Handlungsimpulse, die erprobt und/oder umgesetzt werden, hat Beratung einen Mehrwert.

Zu der Fragestellung passt natürlich auch die Maxime von Rupert Lay: „Handele so, daß du das personale (soziale, emotionale, musische, sittliche, religiöse) Leben in dir und anderen eher mehrst und entfaltest denn minderst und verkürzt.“ Dann würde Organisationsberatung daran arbeiten, den Manager zu unterstützen, selbst eine Antwort auf seine Frage zu erarbeiten.

Das startet bei der Auftragsklärung. Wird Expertenberatung, Arzt-Patient-Beratung oder Prozessberatung gesucht (siehe dazu Edgar Schein oder hier) ? Im Beratungsprozess wechseln diese Beratungs-Modi. Wichtig dabei ist: Ist jedem klar, was das in Bezug auf Verantwortlichkeiten und Macht bedeutet?

 

One Comment leave one →
  1. Gerrit Hamann permalink
    Mai 9, 2017 8:03 pm

    Lieber Herr Schlachte,

    das ist ein klasse Beitrag, bei dem ich nichts wegnehmen und nur ganz wenig ergänzen möchte.

    Meiner Meinung nach lässt sich wirklich gute Beratung und Coaching nicht mehr trennen. Denn meiner Überzeugung nach, gehe ich sehr demütig in Unternehmen. Ich maße mir nicht an, einem gestandenen Unternehmer, der sein Unternehmen bereits seit 30 Jahren erfolgreich führt, zu sagen was er machen soll. Vor allen Dingen dann nicht, wenn ich mich nicht perfekt in seiner Branche auskenne, was eigentlich immer der Fall ist. Insofern ist es nicht meine Aufgabe, ihm zu sagen, was er tun soll, sondern ihm die richtigen Fragen zu stellen, damit er in seinem Erfahrungsschatz die richtige Schublade öffnen kann. Denn nur wahre Erkenntnis und nicht stur kopiertes Wissen, kann er in seine Unternehmenspraxis umsetzen. Hier und da eine kleine Prise Unterstützung und Input darf natürlich auf Wunsch sein. Es geht – so finde ich – auch gar nicht darum, immer alles richtig zu machen, sondern darum das Richte zu tun. Das ist viel Entscheidender.

    Außerdem denke ich, dass es in Wahrheit keine Unternehmen gibt. Es gibt nur Menschen. Ein Unternehmen ist nur eine Idee. Und so ist sowohl das Problem als auch die Lösung immer im Menschen und nicht in einem fiktiven Unternehmen zu suchen. Dies gilt auch in größeren Unternehmen, in denen es dann eine komplexe Struktur aus vielen Ideen (Energien) ist.

    Wenn ich mir für Unternehmensberater eine Sache wünschen dürfte, dann wäre das mehr Demut und weniger Arroganz.

    Herzliche Grüße
    Gerrit Hamann

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