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Schlussfolgerungen – Schnelles Denken, langsames Denken von Daniel Kahneman

März 13, 2013

Menschen lassen sich in ihren wesentlichen Persönlichkeitseinstellungen sehr schwierig verändern. Selbst wenn man möchte.

Für Organisationen ist es daher wichtig, wenn es um Veränderungsprozesse geht (Change Management) eher Strukturen, Prozesse und Spielregeln zu ändern. Das geht leichter und ist deutlich erfolgsversprechender, wenn es gut gemacht ist.

Jetzt zum eigentlichen Thema, was eng damit verknüpft ist. 

Ohne Feedback bekommen wir nichts hin. Wo bekommen Sie persönlich auch kritisches sowie konstruktives Feedback? Sein Sie ehrlich zu sich, wenn Sie der Frage nachgehen und den Beitrag lesen.

Eine Dialogkultur auch und die ist aus meiner Sicht sehr wichtig für Organisationen, die sich entwickeln wollen. Setzt Augenhöhe voraus. Gibt es die? Werden Beiträge von Mitarbeitern geschätzt, die Ideen des Managements widersprechen? Schwierig oder?

Dazu der Zeitdruck, der uns noch weniger die Chance lässt in „Ruhe“ hin- und zuzuhören, besonders auch unsere eigenen Wahrnehmungen und Interpretationen zu bemerken, ohne – wie normal im Alltag – automatisch zu handeln. Auch schwierig!

Ich finde, dass ist alles nicht sehr leicht im Alltag zu realisieren auch wenn „man“ es gerne so hätte. Um so wichtiger finde ich es, wissenschaftliche Erkenntnisse in Organisationen mit einzubringen und angemessen zu berücksichtigen.

Das Erscheinen des Buches wurde von Steven Pinker als ein Großereignis bewertet. „Daniel Kahneman (Nobelpreisträger – Wirtschaft) ist ganz sicher der wichtigste Psychologe unserer Zeit.“

Schnelles Denken, langsames Denken

Regt sehr zum Nachdenken an; Wir werden oft von System 1 reingelegt und merken es netterweise nicht mal. Doch andere schon.

Mit über 560 Seiten ist es ein Buch was Zeit braucht, um es überhaupt zu lesen. Es ist sehr verständlich geschrieben. Das größte Problem ist jedoch die Frage, wie lassen sich die wichtigen Erkenntnisse, insbesondere über unsere Fehler im intuitiven Denken, in unser Leben und in Organisationen integrieren.

Ein Zitat aus seinem Buch was mir persönlich sehr gut zum Thema des Transfers in Organisationen gefällt: „ … Wir sind oft selbst dann von ihrer Richtigkeit (Intuitiven Überzeugungen und Präferenzen) überzeugt, wenn wir irren, und ein objektiver Beobachter erkennt unsere Fehler mit höherer Wahrscheinlichkeit als wir selbst.“

Ich erlebe den Austausch mit Kollegen und Kunden dazu als sehr bereichernd. Es ist kein Buch nur zum Lesen, sondern es wird dann interessant, wenn es gelingt, Themen daraus ins Gespräch zu bringen.

Unsere Intuitiven Überzeugungen und Präferenzen beeinflussen unser bewusstes Denken und Handeln, ohne das wir uns der Quellen und Inhalte bewusst sind. Weiter unten zeige ich Lösungsansätze für Organisationen auf.

Bitte ganz schnell & spontan antworten:

1.) Ein Baseballschläger und ein Ball kosten zusammen 1,10 Euro. Der Schläger kostet einen Euro mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball?

2.) Alle Rosen sind Blumen. Einige Blumen verwelken schnell. Deshalb verwelken einige Rosen schnell. Richtig?

Viele antworten intuitiv richtig und damit falsch auf diese Fragen (10 Cent und Ja). Auch vielen 50% von befragten Harvard Studenten und 80% Studenten von anderen Unis auf diese Fragen herein, obwohl offensichtlich ist, dass das „Trickfragen“ sind, wenn sie in Umfragen gestellt werden.

Vor kurzem stand ich vor der Entscheidung Mitglied in einem Netzwerk zu werden. Ich finde die Berater in diesem Netzwerk sehr kompetent und vor allem gefällt mir die Haltung zu Kunden. Zugleich sind sie persönlich sehr sympathisch. Sie machten mir den Vorschlag bei Ihnen im Netzwerk mitzuarbeiten und ein Tool tiefer kennen zu lernen. Das war mit Lizenzkosten und auch Verpflichtung gekoppelt dieses Tool zu vermarkten. Im ersten Schritt hätte ich die Vereinbarung sofort unterschrieben. Ich war begeistert von der Idee und Aussicht mehr mit diesen Menschen zusammen zu arbeiten. Daniel Kahneman nennt dies eine Ankerheuristik. Ich habe unbewusst meine positiven Einstellungen automatisch auf den Vorschlag und Projekt übertragen.

Erst mit mehr Abstand und vor allem Fragen von Freunden wurde mir klar, dass ich kein Vertrieb für ein Tool als Hauptbestandteil meiner Arbeit machen möchte. Stellen Sie sich vor Sie mögen gewisse Mitarbeiter mehr als andere; zu was führt das bei der Bewertung von Projektideen?

Mein unbewusstes System 1 in der Sprache des Buches, arbeitet automatisch, ist schnell da parallel arbeitend und stützt sich auf mein implizites und heuristisches Erfahrungssystem. Es entwickelt automatisch kohärente Geschichten. Nur die Ergebnisse sind bewusstseinsfähig. System 2 glaubt sie gerne. System 2, das bewusste und auch der Analytik fähige System denkt sequentiell und eher langsam. Die „Benutzung“ strengt an. Es kann abstrakt denken sowie komplexe Berechnungen und Hypothesen durchführen. Es verführt zum subjektivem Erleben von Gestaltungsfähigkeit und Handlungsmacht.

Der menschliche normale Rhythmus ist aus System 1 heraus zu denken und zu handeln. Das schont Ressourcen. System 2 kommt eher ins Spiel, wenn es Probleme und neue Situationen gibt. Damit System 2 gut arbeiten kann braucht es Kraft und Willen. Unter zu viel Druck und Stress kommt es dann eher zur Ego-Depletion. Was dazu führt, dass eher Fehler bei Entscheidungen gemacht werden.

Wir ersetzen automatisch schwierige Fragen durch heuristische Fragen Z.B.:

  • Wie wird das Produkt in einem Jahr im Markt verbreitet sein? -> Wie sehr mag ich das Produkt?
  • Wie schätzen Sie als Bereichsleiter die Entwicklung ein? -> Was mag mein Geschäftsführer hören?
  • Wie weit wird es die neue Führungskraft bei uns bringen? -> Wie sehr sieht sie aus wie ein Gewinner?

Sehr interessant ist auch die Regression zum Mittelwert. Immer wenn zwei Messwerte nicht optimal korrelieren kommt es zur Regression zum Mitteilwert. Beispiele aus der Führung und dem Profisport zeigen diesen Effekt deutlich auf. So hängt Tadel nach einer schlechteren Leistung nicht mit einer danach besseren Leistung kausal zusammen. Eher Zufall und Regression zum Mittelwert.  So ist es in der Regel bei Golfern nach einem sehr guten ersten Tag nicht zu erwarten, dass die Leistung gleich gut wird. Das Glück vom ersten Tag wird sich vermutlich nicht am zweiten Tag wiederholen. Alle, der zahlreichen Beispiele aus dem Buch sind wissenschaftlich mit Fakten unterlegt.

Lösungsansätze für Organisationen:

Vorab: Geht es um Veränderungsvorhaben (Change Management) in der Organisation, sollte in erster Linie daran gedacht werden, dass sich Strukturen, Prozesse und Spielregeln leicht verändern lassen und damit Ergebnisse der Zusammenarbeit und der Wertschöpfung. Menschen lassen sich wenig leicht verändern. Vor allem wird es schwierig, wenn es um grundsätzliche Persönlichkeitsmerkmale geht.

Es ist Voraussetzung, dass Mitarbeiter, Führungskräfte und Geschäftsführung sich im klaren sind, dass wir als Menschen alle von „System 1“ enorm beeinflusst sind und dass wir alleine unsere eigenen „Denk- und Verhaltensprozesse“ nur ansatzweise analysieren können. Es braucht ein klares Bekenntnis, dass wir gemeinsam besser denken und damit bessere Entscheidungsgrundlagen erarbeiten können. Andere können eher unsere Fehler und blinden Flecken sehen als wir selbst.
Daher sollte die Erkenntnis wachsen, dass konstruktives Feedback und Fragen, die zum beidseitigen besseren Verständnis führen, sehr nützlich sind und es günstig ist danach zu bitten. Es gibt Organisationen in denen das funktioniert und sicher andere, wo das nicht so leicht ist oder sogar nicht möglich erscheint. Dann kann ein persönliches Netzwerk sehr helfen.

  1. Die Fähigkeiten zu Offenheit, Feedback und Dialogfähigkeit lassen sich trainieren und in der Organisation aktiv leben. Wie kann das beispielhaft eingeführt werden? Am besten startet die Geschäftsführung und der ersten Führungsebene mit moderierten Gesprächsrunden, d.h. eine neue Struktur, Prozess und Spielregeln werden eingeführt. (Dialogrunden – Link zum weiterführenden Thema Schöpferische Besprechung). Der Moderator gibt einen Überblick über bekannte Fehlermöglichkeiten durch System 1. Dann geht es das normale Gespräch der Geschäftsführer und Führungskräfte. Der Moderator fragt nach und unterstützt (coacht) alle, um mehr die Annahmen und Denkmodelle der anderen Gesprächsteilnehmer zu verstehen. Ein externer Moderator kann dafür Sorge tragen, dass das ohne Gesichtsverlust geht und der Erkenntnisgewinn für die Organisation im Vordergrund steht. Das Rollenverständnis und die Führungskultur können sich so zu einem dialogischen Führungsverständnis hin entwickeln. Mehr Mitarbeiterbindung sowie Nutzung und Weiterentwicklung der Kompetenzen wären eine weitere mögliche Folge.
  2. Der zweite Ansatz kann auch in Kombination erfolgen. Werkzeuge wie der iMODELER können, Annahmen, Denk- und Verhaltensmuster transparenter machen und so zu einem besseren Verständnis sowie Gestaltungsspielraum führen.
    Link zum Artikel: „Wenn es zu komplex wird im Coaching“ aus dem Coaching Magazin.
  3. Coaching on the Job, d.h. die Begleitung von Führungskräften (und Teams) bei ihrer normalen Arbeit. Chance auf objektives Feedback, Spiegelung von Denk- und Verhaltensmuster sowie Konfrontation mit Wiedersprüchen. Lernen beim Arbeiten. Mehr Details hier.
  4. Gute Check Listen können für eine systematische Analyse und Vorgehen sorgen, die Fehler aus System 1 verringern. Sie sollten gut begründet und im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe eingeführt werden. Das können Mitarbeiter und Führungskräfte selbst erarbeiten. Dann steigt auch die Chance der Nutzung.
  5. „Laterales Führen“ bietet die Chance sich intensiver und systematischer in einem Workshop und/oder Coaching mit den unterschiedlichen Zielen, Interessen und Zielkonflikten, bzw. Widersprüchen in Organisationen (Sinn und Zweck von Silo-Denken – aber mit Nebenwirkungen) zu beschäftigen.
    Link zum Thema – zeigt aber auf, dass „Veränderung und/oder Change in Organisationen“ nicht immer wie gewünscht funktionieren: https://organisationsentwicklung.me/page/3/

Ein weiteres Zitat aus einem Interview mit Daniel Kahneman mit der Zeitung (OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2013) zum Thema Wandel in Organisationen:

„Es beeindruckt mich immer wieder, dass die grundlegenden Erkenntnisse über die Dynamik des Wandels nicht längst zum Allgemeinwissen gehören. Am meisten fasziniert mich seine Vorstellung von Gleichgewichten im Verhalten des Menschen, das ja nur durch die Erhöhung von Druck oder der Verringerung hemmender Kräfte verändert werden kann. Das ist ein so reichhaltiges Konzept. Aber obwohl das inzwischen seit über 70 Jahren bekannt ist, hat es sich nicht in das Denken der Menschen integriert.“

Daran lässt sich produktiv arbeiten, indem mit den Menschen in Organisationen genau darüber gesprochen wird, wie System 1 und System 2 optimal zusammenarbeiten können und wie Probleme erkannt werden können. 

Wissenschaftliche Testverfahren können zum Beispiel bei der Personalauswahl, bei Coachings und Teamentwicklungen ergänzende Fragestellungen einbringen, die für mehr Verständnis und Klarheit sorgen.

Eine Bitte zum Schluss: Wenn Ihnen der Beitrag gefallen hat, empfehlen Sie ihn bitte weiter.

Vielen Dank.

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